
20 Prozent des Futters von Schwäbisch-Hällischen Weideschweinen besteht aus Eicheln. Damit die Früchte die Weidesaison über verfügbar sind, ruft die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall alljährlich zur großen Sammelaktion auf.
Seit nunmehr vier Monaten leben 30 Schwäbisch-Hällische auf der großen Weide hoch über dem Bühlertal im Hohenlohischen. Das bekommt ihnen offensichtlich ausgezeichnet, wird beim Kontrollgang mit Fritz Wolf vom Landwirtschaftlichen Beratungsdienst deutlich.
An das Gatter grenzt ein großes Futtersilo, das auf einer betonierten Fläche steht. Hier haben es sich einige Schweine Schwarte an Schwarte liegend gemütlich gemacht. Beim Eintreffen der Menschen setzt sich die Horde – und das für ihr Gewicht erstaunlich schnell – auf die große Weide ab. „Schweine sind Beutetiere und daher Fluchttiere“, klärt Agraringenieur Fritz Wolf auf. Vor allem aber sind sie neugierig: Kurze Zeit später wagt sich eines nach dem anderen wieder an die Futterstelle zurück.
In verschiedenen Medien wird derzeit über Schwäbisch-Hällisches Qualitätsschweinefleisch g.g.A. (EU-geschützte geografische Angabe) berichtet. Aber was bedeutet die Bezeichnung eigentlich? Eine Klarstellung aus gegebenem Anlass.
Das Schwäbisch-Hällische Schwein ist in aller Munde. Die hierzulande ihrer Färbung wegen liebevoll „Mohrenköpfle“ genannte alte Landrasse ist weit über die Grenzen Hohenlohes hinaus bekannt. Ja, die Schwäbisch-Hällischen haben seit ihrer Rettung durch die Hohenloher Bauern um Rudolf Bühler im Jahr 1986 dank ihrer besonderen Fleischqualität so richtig Karriere gemacht. Aktuell gibt’s stolze 4300 reinrassige Schwäbisch-Hällische Muttersauen und Eber für die Erzeugung von Schwäbisch-Hällischem Fleisch auf den Mitgliedsbetrieben der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall.
Ort:
Herbertshausen (Kreis Schwäbisch Hall)
Tiere:
120 Schwäbisch-Hällische Zuchtsauen
700 Schwäbisch-Hällische Mastschweine
Mit Ehefrau Damaris und seinen beiden Kindern Karlotta und Ferdinand lebt Markus Ehrmann im ersten und zweiten Stock des Bauernhauses in Herbertshausen bei Rot am See. Der promovierte Agrarwissenschaftler züchtet und mästet Schwäbisch-Hällische Schweine.
Ort: Niederstetten (Main-Tauber-Kreis)
Tiere: 150 Schwäbisch-Hällische Zuchtsauen
780 Schwäbisch-Hällische Mastschweine
Zum Mittagessen versammeln sich drei Generationen in der Wohnküche: Birgit und Hartmut Frieß, deren Sohn Tobias und Hartmuts Eltern Gertrud und Gerhard. In Streichental bei Niederstetten züchtet und mästet die Familie Schwäbisch-Hällische Schweine.
Ort: Dunzendorf-Niederstetten (Main-Tauber-Kreis)
Tiere: 800 Schwäbisch-Hällische Mastschweine
Gerhard Kümmerer, 51, bewirtschaftet seinen gepflegten Hof in dem kleinen Ort Dunzendorf bei Niederstetten. Die Mastställe mit den Schwäbisch-Hällischen Schweinen befinden sich außerhalb, sind aber mit dem Fahrrad in wenigen Minuten zu erreichen.
Ort:
Schwarzenbronn (Main-Tauber-Kreis)
Tiere:
Wenn Friedrich und Frank Rahn aus Schwarzenbronn von ihren Schwäbisch-Hällischen Zuchtschweinen erzählen, beginnen sie unwillkürlich zu grinsen. Vor zwei Jahren sind die beiden in die Herdbuchzucht eingestiegen – und haben offenbar Spaß daran.
Herdbuchzüchter sind Landwirte mit einer besonderen Verantwortung, sorgen sie doch für den der jeweiligen Rasse entsprechenden Nachwuchs. Über die alte Landrasse ist in der Zuchtbuchordnung festgeschrieben: „Zuchtziel für die Schwäbisch-Hällische Rasse ist ein sehr widerstandsfähiges, langlebiges, milchergiebiges Schwein von sehr hoher Fruchtbarkeit und mit besten Muttereigenschaften ausgestattet. Es soll frohwüchsig und großrahmig sein, eine gute Futterverwertung sowie bei ausreichendem Muskelfleischanteil eine hervorragende Fleischbeschaffenheit aufweisen und sich für alle Haltungsformen einschließlich Weidehaltung eignen.“
"Die Schwäbisch-Hällischen sind unglaublich stur"
Frank Rahn, Landwirt
Was hier nicht aufgeführt ist: „Die Schwäbisch-Hällischen sind unglaublich stur“, sagt Frank Rahn, 23, und lacht: „Wenn sie nicht laufen wollen, dann laufen sie nicht.“ Der Umstieg auf die alte Landrasse erfolgt bei den Rahns „im laufenden Betrieb“, wie es in der Fachsprache heißt. Will sagen: Ausscheidende Sauen werden durch die Schwäbisch-Hällischen ersetzt. Friedrich Rahn erinnert sich gut an die ersten so genannten Mohrenköpfle, die nach Schwarzenbronn gekommen sind: „Auch Schweine brauchen eine Eingewöhnungsphase, und bei den Hällischen dauerte es wirklich ein bisschen.“
Vater und Sohn führen den Betrieb gemeinsam als GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Mögen sie auch neue Herdbuchzüchter für die Schwäbisch-Hällischen sein, Schweinezucht hat auf dem Betrieb in dem 70-Seelen-Dorf Tradition. Bereits vor mehr als 50 Jahren ist Franks Großvater in die Herdbuchzucht der Deutschen Landrasse eingestiegen. Friedrich Rahn, 54, erinnert sich noch gut an den Ebermarkt auf den Kocherwiesen in Schwäbisch-Hall, den er damals mit seinem Vater besucht hat. Um das Jahr 1995 wurde die traditionsreiche Veranstaltung eingestellt. Im Rahnschen Stall ist ein gewichtiges Erinnerungsstück zu bestaunen. Ein Freund hat ihm die alte Waage vermittelt, die früher bei den Versteigerungen beim Haller Ebermarkt eingesetzt wurde und heute in Schwarzenbronn ihren Dienst versieht.
Tradition spielt im Leben der Familie Rahn generell eine große Rolle. Das Stammhaus mit dem schönen Gasthof Zum Goldenen Ross stammt aus dem Jahr 1763. Gegenüber wurde das Gästehaus mit zwei Ferienwohnungen errichtet. Um Wirtschaft und Urlauber kümmert sich vor allem Elke Rahn, 52. „Seit ich aus Triesdorf zurück bin, muss sie nicht mehr so viel im Stall mitarbeiten“, sagt Frank, der frisch gebackene Landwirtschaftstechniker. Wenn viel los ist, an Kirchweih beispielsweise oder beim so genannten Jahresessen, packen freilich alle mit an. Für Frank ist das selbstverständlich. Auf die Frage, ob er sich die Übernahme des Hofs überlegt habe, antwortet er nur: „Ich bin hier aufgewachsen, da habe ich gar nicht darüber nachgedacht.“