Die grüne GAP Die grüne GAP

Auf seinem Hof in Herbertshausen mästet und züchtet Markus Ehrmann Schwäbisch-Hällische Schweine, betreibt Ackerbau und vermehrt gebietseigene Wildblumen und -gräser. Was ändert sich für seinen Betrieb mit der neuen Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP)?

Seit Jahresbeginn gilt die neue GAP der EU 2023 bis 2027. Neu  ist, dass rund 40 Prozent des Budgets in Höhe von 386,6 Milliarden Euro in Maßnahmen für Klimaschutz fließen. Kleine landwirtschaftliche Betriebe sowie Junglandwirtinnen und -wirte  sollen gezielt finanziell unterstützt werden. Vor allem aber sollen sich umweltfreundlichere Bewirtschaftungsverfahren lohnen: „Im Rahmen von Öko-Regelungen werden spezifische Zahlungen an Landwirtinnen und Landwirte geleistet, die klimasensible und umweltfreundliche Methoden anwenden“, heißt es vonseiten der EU.

In die so genannte Erste Säule der GAP fallen Direktzahlungen und Marktmaßnahmen, die zu 100 Prozent aus EU-Mitteln stammen. „Kleine Betriebe werden mehr gefördert“, lobt Markus Ehrmann, „auf die ersten Hektare gibt es mehr Geld.“ Die viel kritisierte Förderung ausschließlich nach Fläche wird deutlich zurückgefahren. So beträgt die Umverteilungsprämie für 1 bis 40 Hektar 69 Euro/Hektar, für 41 bis 60 Hektar 41 Euro/Hektar, Junglandwirte bis maximal 120 Hektar erhalten eine Einkommensstützung. „Diese Punkte sind vernünftig“, sagt der promovierte Agrarwissenschaftler. Geld gebe es eigentlich nur noch für entsprechende Gegenleistungen.

Die Ziele der GAP werden in Deutschland und Baden-Württemberg mit dem sogenannten GAP-Strategieplan umgesetzt, der individuell entsprechend der örtlichen Gegebenheiten und Bedürfnisse ausgestaltet ist. Baden-Württemberg setzt dabei in der so genannte Zweiten Säule folgende Schwerpunkte: Stärkung der Biodiversität, Ausbau des ökologischen Landbaus, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, Stärkung des Tierwohls und einer zukunftsorientierten Nutztierhaltung sowie Stärkung des Wissenstransfers und Wissensaustauschs. Finanziert werden die Maßnahmen aus der Zweiten Säule von der EU und den Ländern. „Es wird komplexer, aber es gibt mehr Fördermöglichkeiten“, sagt der Landwirt zu den Auswirkungen der GAP auf seinen Betrieb:  „Wir bekommen wahrscheinlich gleich viele Mittel, müssen aber mehr dokumentieren.“

Hinaus aufs Feld. Auf einem etwa ein Hektar großen Streifen ragen lange schwarze Stängel in die Höhe. „Vor zwei Jahren habe ich hier eine mehrjährige Wildblumenmischung gesät“, erklärt der Landwirt, „nicht des Geldes wegen, sondern um der Natur etwas Gutes zu tun.“ Maßnahmen wie diese sowie eine fünfgliedrige Fruchtfolge sind für ihn ohnehin selbstverständlich.

Im Wildblumen- und -gräseranbau machen ihm die neuen Vorschriften jedoch auch Probleme. Bei einjährigen Pflanzen beispielsweise ist ein Fruchtwechsel vorgeschrieben. „Wenn wir aber Mohn- oder Ringelblumensamen geerntet und den Acker bearbeitet haben, kommt die Pflanze im nächsten Jahr von selbst wieder hoch.“ Soll er die etwa unterpflügen?

Die Zahlungen für Ökoregelungen wie die „Aufstockung nicht produktiver Ackerflächen“ hält Ehrmann für wenig zielführend. „Es wäre vernünftiger, einmal einzugreifen und dann die Flächen ruhen zu lassen. So setzen sich Arten durch, die für Insekten nützlich sind. Wir brauchen Lebensräume für Insekten, nicht nur schön aussehende einjährige Blühflächen.“ Mehrjährige Maßnahmen, so seine Erfahrung, seien nachhaltiger.

Viele Landwirte plädierten dafür, statt staatlicher Förderung mehr Geld für ihre Produkte zu bekommen. „Ich glaube nicht, dass das funktioniert“, sagt Markus Ehrmann, „für eine naturverträgliche Landwirtschaft gibt es noch viel zu tun, aber im internationalen Wettbewerb kommen wir ohne Förderung nicht aus.“ Sein Fazit: „Es muss klar sein: Wenn wir als Landwirte Biodiversitätsleitungen erbringen, alte Rassen wie das Schwäbisch-Hällische Landschwein erhalten, die bäuerlichen Betriebe fortführen, dann hat dies einen Nutzen für die Gesellschaft und muss entlohnt werden.“

Info
Bereits bei der Gründung der Europäischen Union wurde eine gemeinsame Agrarpolitik (GAP) im Rahmen der Römischen Verträge von 1957 beschlossen. Zu Beginn bestanden die Hauptziele in der Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sowie der Möglichkeit, auch in der Landwirtschaft ein angemessenes Einkommen zu anderen Sektoren zu erzielen. Diese Ziele spiegeln sich noch heute in der GAP wider. Seit den 1980er Jahren rücken zudem die Umweltwirkungen der Landwirtschaft in den Fokus der gesellschaftlichen und politischen Diskussion. Diese Aspekte bestimmen die verschiedenen Formen der GAP und machen sie zunehmend komplex.