Mit einer Geschwindigkeit von 3 bis 3,5 Kilometer pro Stunde fährt der Seniorchef den Mähdrescher übers Feld. Mit einer Geschwindigkeit von 3 bis 3,5 Kilometer pro Stunde fährt der Seniorchef den Mähdrescher übers Feld.

Das Thermometer zeigt knapp 30 °C. An diesem Tag steht auf dem Hof Waldvogel im Rosengartener Teilort Raibach die Ernte der Sommergerste an. Siegfried Waldvogel hat bereits den Mähdrescher vorgefahren – los geht’s!

Vor etwas mehr als vier Monaten hat der Landwirt auf dem 6,7 Hektar großen Acker, der an den weitläufigen Hof der Waldvogels grenzt, das Getreide gesät: https://blog.besh.de/betraege/entry/gps-steuert-die-roesslein Nun steht die goldgelbe Frucht zur Ernte bereit. Der Seniorchef startet den Mähdrescher und steuert das Gerät aufs Feld. Die ersten Reihen hat er bereits tags zuvor gedroschen, jetzt ist der große Rest dran.

Siegfried Waldvogel in der Kabine seines Mähdreschers.

Siegfried Waldvogel lässt an der Front das Schneidwerk herunter und setzt die Maschine in Fahrt. Das Schneidwerk auf höhenverstellbaren Kufen mäht das Getreide ab. Ährenheber heben eventuell liegende Getreidehalme an, dann schneidet der Messerbalken sie ab, während die Haspel die Ähren vorlehnt, damit die sich bereits lösenden Körner auf den Schneidwerkstisch fallen. Die sich drehende Schnecke erfasst nun die abgeschnittenen Getreidepflanzen und führt sie dem Kettenförderer im Einzugskanal zu, der wiederum alles zur Dreschtrommel fördert.

Diese trennt die meisten Körner von den Halmen. Verschiedene Trommeln drehen sich mit hoher Geschwindigkeit. Dadurch werden die Körner ausgeschlagen und durch die Zentrifugalkraft ausgedroschen. Das Dreschgut (Körner, Spelzen, Kurzstroh) gelangt durch den Dreschkorb in die Reinigung. Hier werden größere Bestandteile wie Strohreste ausgesiebt und nach draußen befördert. Die nun übriggebliebenen Körner werden durch einen Elevator in den Korntank befördert.

„Viel Regen ist wohl ins Stroh gegangen“
Siegfried Waldvogel, Landwirt

Von den Vorgängen im Innern des 3,50 Meter breiten Mähdreschers ist von der hoch über dem Feld thronenden Kabine aus freilich nichts zu sehen. Konzentriert steuert der Seniorchef des Betriebs die gewaltige Maschine über den Acker, immer wieder geht sein prüfender Blick zu Boden. Er zeigt über die Schulter: „Da hinten bin ich kürzlich abgesoffen, überall gibt’s nasse Platten, wir mussten den Mähdrescher rausziehen.“ Die starken Regenfälle haben auf dem Feld ihre Spuren hinterlassen.

Hat das Wetter wenigstens dem Wachstum des Getreides gutgetan? Waldvogel schüttelt den Kopf. „Viel Regen ist wohl ins Stroh gegangen“, sagt er, „das Korn ist leicht und klein.“ Das gelte auch für Weizen und Triticale. Von diesem Getreide – einer Kreuzung zwischen Roggen und Weizen – habe er im vergangenen Jahr 95 Doppelzentner geerntet, „heuer sind es vielleicht 60.“ Doch Korn ist wichtig für den Betrieb: Es dient als Futter für die rund 800 Schwäbisch-Hällischen Schweine, die im Stall der Waldvogels gemästet werden.

Über ein Rohr rieselt das Getreide in den Anhänger.

Die digitale Anzeige meldet: Der Tank ist voll. Am Ende des Ackers steht der Wagen bereit, über ein Rohr rieseln die Körner aus der Kammer des Mähdreschers hinein. Die Strohraunen bleiben zunächst auf dem Feld liegen. „Beim Stroh habe ich zwei Möglichkeiten“, erklärt der Landwirt, „entweder ich häcksle es und bringe damit Nährstoffe in den Boden, oder ich sammle es und presse es zu Ballen.“ In diesem Jahr hat er sich für die zweite Möglichkeit entschieden. Stroh ist gefragt, er wird einen Teil weiterverkaufen und mit dem Erlös ein wenig die nötigen Getreidezukäufe ausgleichen.

Bauernweisheiten können also richtig daneben liegen. „Ist der Mai kühl und nass, füllt‘s dem Bauern Scheun und Fass“, heißt es. Nun legte der Mai zwar wie gewünscht los, doch in den Monaten danach gehörten Unwetter, Stürme und Hagelschläge im Land zur Tagesordnung. Nirgends in Deutschland regnete es im Juni so viel wie in Baden-Württemberg. „Scheun und Fass“ haben sich kaum gefüllt bei Waldvogel und seinen Kollegen in Hohenlohe.

Siegfried Waldvogel aber ist in Gedanken bereits beim nächsten Jahr: „Jetzt wird die Herbstsaat geplant.“

Info
So funktioniert ein Mähdrescher: https://www.bauernhof.net/so-funktioniert-ein-maehdrescher/