Markus Ehrmann an einem Feld mit Wiesensauerampfer. Markus Ehrmann an einem Feld mit Wiesensauerampfer.

Ukrainekrieg und Klimawandel stellen die Landwirtschaft in Deutschland vor gewaltige Herausforderungen. Angesichts drohender Hungersnöte konventionelle und ökologische Landwirtschaft gegeneinander auszuspielen ist der falsche Weg, sagt Markus Ehrmann: „Wir brauchen beides, Nahrungsmittelproduktion und vielfältige Agrarlandschaften.“

Markus Ehrmann ist promovierter Agrarwissenschaftler und aktiver Landwirt der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall. Er züchtet und mästet auf einem konventionell betriebenen Hof in Herbertshausen bei Rot am See Schwäbisch-Hällische Schweine und betreibt Ackerbau. Zudem vermehrt er auf rund 35 Hektar gebietseigene Wildblumen und -gräser für die Firma Rieger-Hofmann (www.rieger-hofmann.de). Die drei Betriebszweige ergänzen sich: „Biologische Vielfalt ist der richtige Weg“, davon ist Ehrmann überzeugt. Ob bio oder konventionell: „Wir alle müssen nachhaltig intensivieren.“

In Reih und Glied: die Kartäusernelke.

Das heißt Optimierung des Ernteertrags unter Verwendung von möglichst wenigen Produktionsmitteln wie Arbeit, Energie, Land, Wasser, Dünger oder Pflanzenschutzmittel. Die Landwirtschaft muss also „mehr mit weniger produzieren“ und zugleich die Natur als unser aller Lebensgrundlage erhalten. Die Quadratur des Kreises? Für Markus Ehrmann nicht. Mit der Gewinnung von Samen der optimal an die heimische Tierwelt angepassten Wildblumen und -gräser leistet er seinen Teil, das geschädigte Ökosystem wiederherzustellen.

„Nur Vielfalt schafft Lebensraum für Insekten“
Markus Ehrmann, Agrarwissenschaftler und Landwirt

Der Landwirt nennt ein Beispiel für die empfindliche Wechselbeziehung der Natur: der Große Wiesenknopf, die Schmetterlingsarten Dunkler und Heller Wiesenkopf-Ameisenbläuling und die Rotgelbe Knotenameise. Die Pflanze ist der einzige Lebensraum der Falter, und ohne die Ameisen würden die Raupen nicht überleben. Kein Wunder, dass die Schmetterlinge auf der Roten Liste gefährdeter Arten geführt werden. „Nur Vielfalt schafft Lebensraum für Insekten“, sagt Ehrmann.

Zarte, lilafarbene Blüten: die Akelei.

Die Samen von 50 bis 60 verschiedenen Wildblumen und -gräsern vermehrt der Agrarwisssenschaftler auf 35 bis 40 Hektar Fläche rund um Herbertshausen. Zum Teil werden sie ausgesät, zum Teil gezogen, pikiert und anschließend gepflanzt. Das ist ganz schön arbeitsintensiv. Mit etwa sieben Helfern im Sommer, darunter sein Vater Helmut und eine Praktikantin, hält der Landwirt den Betrieb am Laufen: „Ich selbst komme bisweilen kaum zum praktischen Arbeiten.“ Im großen Gewächshaus steht die neue Pflanzmaschine, die er sich vor kurzem angeschafft hat. Ein Schneidlader und ein riesiger Staubsauger, der die Samen auffangen soll, werden derzeit konstruiert und gebaut: „Die sind zu speziell, die gibt es auf dem Markt nicht.“

Bald reif zur Ernte: die Schlüsselblume.

Wir fahren zur Inspektion auf die Felder. Die Trockenheit scheint den Pflanzen und Gräsern wenig anzuhaben. „Wildpflanzen sind widerstandsfähig und angepasst“, erklärt Ehrmann. Hübsch in Reih und Glied stehen etwa die Pflänzchen der pinkfarbenen Kartäusernelke. „Das sieht in wenigen Wochen super aus “, merkt der Experte an. Die gelbgoldenen Schlüsselblumen, die einen herrlichen Duft verströmen, sind fast verblüht und entwickeln ihre Samenstände. Ein Feld mit Wiesensauerampfer hat der Landwirt mit einem mobilen Zaun geschützt, Solarmodul für den Strom inklusive. Vor zwei Jahren haben ihm Rehe die Ernte weggefressen, das soll ihm nicht noch einmal passieren.  

In voller Blüte: die Kuckuckslichtnelke.

„Standort, Boden, alles muss passen“, erklärt der Agrarwissenschaftler, der sichtlich mit Freude am Experimentieren ist. Scheitern gehört dazu. Er zuckt mit den Achseln: „Mal wird es was, mal nix.“