GPS-genau werden Bodenproben auf den Ehrmannschen Flächen genommen. GPS-genau werden Bodenproben auf den Ehrmannschen Flächen genommen.

Humusaufbauprogramme wollen Anreize schaffen, die landwirtschaftliche Produktion zur Biodiversität zu bewegen und damit Böden, Wasser und Klima zu verbessern. Markus Ehrmann aus Herbertshausen hat sich nun für ein solches Projekt verpflichtet.

Aber warum ist Humus fürs Klima so wichtig? Humus besteht zu einem Großteil aus Kohlenstoff. Der Kohlenstoff, der im Boden gebunden ist, reduziert den CO2-Gehalt in der Atmosphäre. In einer Tonne Humus sind etwa 0,6 Tonnen Kohlenstoff enthalten, dies entspricht etwa 2,2 Tonnen CO2. Bei einem Humusgehalt von vier Prozent sind also pro Hektar rund 260 Tonnen CO2 gebunden.

Zurück zu Markus Ehrmann. Der Landwirt züchtet auf seinem Hof Schwäbisch-Hällische Schweine und mästet die Tiere in zwei Ställen mit Auslauf am Ortsrand. Auf 75 Hektar seiner Flächen baut Ehrmann das Futter für die Tiere an; 25 Hektar sind für die Vermehrung von Wildsaaten für einen regionalen Anbieter von Samen und Pflanzen gebietseigener Wildblumen und Wildgräser reserviert. „Mir geht es in erster Linie um die Bodenfruchtbarkeit“, sagt der promovierte Agrarwissenschaftler: „Ein hoher Humusgehalt ist sehr wichtig für die Fruchtbarkeit der Flächen!“

Der Betriebsleiter hat sich nun für zehn Jahre bei einem Unternehmen verpflichtet, das Humuszertifikate vergibt. Ehrmann erklärt das Verfahren: „Zunächst wird eine zertifizierte Firma beauftragt, von den vereinbarten Flächen Proben zu ziehen.“ Dabei werden pro Schlag – jeweils ein bis fünf Hektar – in 25 Zentimetern Bodentiefe 25 GPS-genaue Proben entnommen. Die auf Geodaten basierte Bodenprobeentnahme stellt sicher, dass immer dieselbe Probestelle angefahren wird.

 

Mit diesem Gerät werden in 25 Zentimetern Tiefe 25 GPS-genaue Bodenproben gezogen.

 

Die Einzelproben werden zu einer Probe gemischt und an ein akkreditiertes Labor zur Analyse geschickt. Hier wird der Humusgehalt ermittelt. Zudem werden die Proben auf weitere Nährstoffe hin analysiert - ph-Wert, Kalkversorgung, Phosphor, Kalium, Magnesium und mehr. Markus Ehrmann interessieren dabei vor allem die Verhältnisse der einzelnen Nährstoffe zueinander. So kann er entscheiden, welche Kultur auf welchen Standort am besten passt. Fünf Jahre nach der Anfangsuntersuchung wird die Folgeuntersuchung durchgeführt und die Proben werden verglichen. Für den erreichten Humusaufbau erhält der Landwirt eine Vergütung.

 

„Der Vorteil ist, dass die Kompensation vor Ort stattfindet“
Markus Ehrmann, Landwirt

 

Das Unternehmen verkauft die Humuszertifikate an Gemeinden, Stadtwerke oder Unternehmen. Damit können diese ihre eigene Treibhausgasemissionen ausgleichen und beispielsweise Produkte als klimaneutral bewerben. „Der große Vorteil bei diesem Programm besteht darin, dass die Kompensation vor Ort stattfindet und nicht irgendwo in Übersee“, meint Markus Ehrmann.

Bisher haben sich der Süddeutschen Zeitung zufolge ein Viertel aller deutschen Landwirtschaftsbetriebe den Humusgehalt ihrer Felder und Wiesen messen lassen. Doch es gibt auch Kritiker. Andreas Gattinger von der Justus-Liebig-Universität Gießen etwa, der in der Zeitschrift „Ökologie & Landbau“ bemängelt, der positive Effekt des Humusaufbaus sei vollständig umkehrbar: „Die während des Verpflichtungszeitraums mühsam eingelagerten CO2-Mengen können innerhalb kurzer Zeit wieder emittiert werden, wenn sich Bewirtschaftungspraxis oder Standortbedingungen ändern.“ Ziel muss es deshalb sein, Dauerhumus aufzubauen.

Markus Ehrmann stellt sich der Herausforderung. Auf einem nahegelegenen Feld nimmt er mit der Grabegabel eine Bodenprobe. Der Befund: „Noch eine Verdichtungsschicht, die Erntereste sollten gefressen sein, aber Wurzelmasse ist da.“ Humusaufbau ist eben ein langwieriger Prozess. „Wir stehen erst am Anfang und probieren vieles aus“, sagt der Betriebsleiter. Für ihn ist das Projekt doppelt nützlich: „Unsere Böden werden fruchtbarer und wir binden Klima schädliches CO2.“ Und dank der Humuszertifikate werden die Kosten für den Aufwand einigermaßen gedeckt.