Heu für die Heumilchkühe: Bio-Jungbauer Hannes Gall im Offenstall. Heu für die Heumilchkühe: Bio-Jungbauer Hannes Gall im Offenstall.

Am kommenden Sonntag, 27. März, beginnt die Sommerzeit. Die Uhren werden eine Stunde vorgestellt. Manche Menschen leiden unter der Zeitumstellung. Haben auch Milchkühe damit Probleme? Ein Besuch bei den Bio-Heumilchbauern Gall auf dem Wurzelhof.

„Hier oben ist das Paradies“, davon ist Bio-Bauer und Forstwirt Wolfgang Gall (59) überzeugt. Auf 488 Metern über Normal Null, hoch über dem Dorf Geifertshofen, liegt der gleichnamige Weiler Wurzelhof. Auf der einen Seite der Zufahrt steht das schmucke Fachwerkhaus, das schon um das Jahr 1600 erbaut wurde, wie Sohn Hannes (26) recherchiert hat. Auf der anderen Seite blicken Besucher direkt in den großen Offenstall. Zur hinteren Seite ist er der Länge nach dick mit Stroh eingestreut, vorne verläuft parallel eine Rinne für Mist und Gülle.

Die meisten Kühe bleiben wiederkäuend im Tiefstreu liegen, einige kommen nach vorne ans Gatter und recken den Menschen neugierig die Köpfe entgegen. Sie gehören zu der hierzulande seltenen Rasse Braunvieh. „Schon Wolfgangs Vater hat mit Braunvieh angefangen“, sagt Sabine Gall (56). Die gelernte Erzieherin, Mutter von vier Kindern, ist fürs Melken und die Büroarbeit zuständig.

Es sind besonders schöne Tiere: Die Fellfarbe variiert von mausgrau bei den Kälbern bis dunkelbraun, die Spitzen der geschwungenen Hörner sind dunkel, der Übergang vom Naseneingang und Oberlippe ist dunkel mit weißem Saum. Bei einigen Kühen sind die großen Augen wie mit einem Lidstrich umrahmt. Alle Kühe haben Namen: Das ist Rosi, das Ronja, das Vespa, die Chefin der Herde, zeigt Hannes auf die Tiere: „Ich könnte zu jeder Kuh eine Geschichte erzählen.“

Die 35 Braunvieh-Kühe sind zur Weidehaltung bestens geeignet, von Frühjahr bis tief in den Herbst leben sie auf den elf Hektar Weiden rund um den Wurzelhof. „Nur die Kälber bis zur 14. Woche bleiben in den Ställen“, sagt Wolfgang Gall, „Mitte bis Ende April, je nach Witterung, dürfen alle anderen raus.“

Dann wächst wieder saftiges Gras mit frischen Kräutern, neben Heu und ein wenig Getreideschrot die Nahrung von Heumilchkühen. Auf Silage verzichten Heumilchbauern. Das macht die Milch auch so besonders und besonders wertvoll. Die Heumilch – eine geschützte traditionelle Spezialität der EU - liefern die Galls an die Dorfkäserei im nahe gelegenen Geifertshofen. Hier wird die besonders Eiweiß und Fett reiche Heumilch in traditionellem Verfahren zu feinen Käsespezialitäten veredelt.

 „Wichtig ist der Zwölf-Stunden-Rhythmus beim Melken“
Wolfgang Gall, Bio-Landwirt

Hannes Gall hat die Ausbildung zum Ökolandmeister abgeschlossen und wird den Hof übernehmen. „Im Vollerwerb“, bekräftigt der 26-Jährige. Kann sich das mit nur rund 35 Kühen rechnen? Die zudem nur rund 6100 Liter pro Jahr liefern? Bei konventionellen Kühen sind es mehr als doppelt so viel. Ja, sagt Hannes Gall. Zum einen vergütet die Dorfkäserei, bei der die Galls Gründungsmitglied und wie ihre Kollegen auch Mitglied sind, die Heumilch mit dem bundesweit höchsten Milchpreis. Zum anderen will es der Junior als zweites Standbein mit Bio-Hähnchenmast versuchen.

Und in die Selbstvermarktung einsteigen. Denn derzeit verkaufen die Galls die Bullenkälber, die aus der Kreuzung Braunvieh-Kuh und Limpurger-Bulle stammen, an einen Demeterbauern in der Nähe und an andere regionale Landwirte, die sie mästen. Hannes plant, wenigstens einen Teil der männlichen Kälber bis zum Alter von zwei Jahren selbst zu mästen und im Erzeugerschlachthof in Schwäbisch Hall schlachten lassen.

Zurück zur Eingangsfrage: Leiden Kühe unter der Zeitumstellung? Leiden sei vielleicht ein bisschen zu viel gesagt, meint Sabine Gall, aber: „Wenn wir eine Stunde früher aufstehen und zum Melken kommen, schauen sie uns schon komisch an und denken, was wir hier wollen.“ Mensch wie Tier würden sich auf jeden Fall zunächst schwertun. Doch der Termin ist gesetzt: „Um 7.15 Uhr kommt das Milchauto, dann müssen wir fertig sein.“ Wolfgang Gall ergänzt: „Wichtig ist, dass der Zwölf-Stunden-Rhythmus beim Melken bleibt.“ Dann spiele sich das nach und nach ein. So wie beim Menschen auch.

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