Wenn Tiere sprechen (könnten)

Seit jeher haben die Bauern ihre Tiere ins Brauchtum mit einbezogen. In Haus und Stall wurden Weihrauch ausgebracht und Weihwasser versprengt, um Geister zu vertreiben. Am Heiligen Abend war es Brauch, nach der Christmette in den Stall zu gehen. Der Legende zufolge sollen die Tiere in der Heiligen Nacht sprechen können.

 

Aus dem steirischen Salzkammergut ist dazu folgende Legende überliefert. „In der Christnacht, der wichtigsten unter den Rauhnächten, kann man die Tiere reden hören. Sie sagen dann sogar die Zukunft voraus. Ein Bauer konnte das nicht so recht glauben, bis er sich selber davon überzeugt hatte. In der heiligen Nacht versteckte er sich im Stall, so dass ihn die Tiere nicht sehen konnten. Plötzlich fingen die Ochsen und Kühe an, zu reden und der Bauer verstand deutlich jedes Wort. Da hörte er, wie ein Ochse zu seinem Nachbarn sagt: ,Du, unser Bauer, der schindet uns aber ordentlich. Wir können ziehen und uns plagen wie wir wollen, immer ist es ihm noch zu wenig. Und Schläge gibt er uns, dass wir gewaltige Striemen kriegen.’ ,Hast recht’, sagte darauf der andere, ,das lassen wir uns nicht mehr länger gefallen. Weißt du was: bringen wir ihn um, den Schinder!’ ,Einverstanden’, sagte darauf der erste; und so vereinbarten die zwei Ochsen, dass sie schon am nächsten Tag den Bauern erstechen wollten. Der Bauer lachte heimlich dazu und dachte bei sich: ,Das werde ich natürlich nicht zulassen!’ Aber als am nächsten Tag das Vieh zum Brunnen getrieben wurde, begannen die beiden Ochsen zu stoßen und zu raufen, dass sich die Bäuerin nicht mehr zu helfen wusste. Sie rief den Bauern, und als dieser kam, stürzten die Ochsen auf ihn los und erstachen ihn tatsächlich mit ihren Hörnern.“ (Quelle: Sagenhaftes Hinterbergertal, Sagen und Legenden aus Bad Mitterndorf, Pichl-Kainisch und Tauplitz vom Ende der Eiszeit bis zum Eisenbahnbau, Matthias Neitsch. Erarbeitet im Rahmen des Leader+ Projektes „KultiNat“ 2005 – 2007).

 

Was will uns diese Legende sagen? Die Botschaft ist einfach: Nicht nur Hund, Pferd oder Katze, deren Wohl wir uns viel Geld und Zeit kosten lassen, verdienen unseren Respekt. Alle Haustiere, auch Rinder, Schweine und Schafe, haben ein Anrecht darauf, vom Menschen mit Anstand behandelt und artgerecht gehalten zu werden.

 

„Haustiere als Mitgeschöpfe, mit denen wir verantwortungsbewusst und liebevoll umgehen, sie ihrer Art gerecht halten, vor Schmerz und Leid bewahren, ihnen die Würde bis zum – unvermeidlichen – Tod belassen“, hat Rudolf Bühler in seinem Buch „Das Beste vom Schwäbisch Hällischen Landschwein“ seine Gedanken zu Ethik und Moral in der Nutztierhaltung niedergeschrieben. Das sollten wir bedenken, nicht nur in diesen Tagen.

 

Wir wünschen schöne Weihnachten!