Fritz Wolf (1,90 Meter groß) vor dem Miscanthus-Acker. Fritz Wolf (1,90 Meter groß) vor dem Miscanthus-Acker.

Was wächst denn da? Miscanthus, die auch China- oder Elefantengras genannte Pflanze stammt aus Asien und ist hierzulande wenig bekannt. Das wird sich wohl bald ändern: Das Süßgras hat Potenzial als nachwachsender Rohstoff zur Energieerzeugung und zu mehr.

Zwei Drittel der Deutschen heizen mit Gas und Öl. Angesichts explodierender Energiepreise wird den meisten angst und bang. Fritz Wolf, Nebenerwerbslandwirt aus dem hohenlohischen Bitzfeld und Mitglied der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, hat da gut lachen. Seit zwölf Jahren setzt er auf Miscanthus giganteus und heizt damit das Gasthaus Zum Löwen, das Appartementhaus und zwei Wohnhäuser der Familie. „Früher haben wir 22 000 bis 25 000 Liter Heizöl benötigt“, rechnet der Agrarwissenschaftler vor. Heute genügten die Ernte von drei Hektar Miscanthus und zur Ergänzung etwas Hackschnitzel. Bis zu 30 Jahre lang wird er die Dauerkultur nutzen können. „Der Anbau rechnet sich jeden Tag mehr.“

Zurück ins Jahr 2010. „Die Heizung im großen Haus war defekt“, erinnert sich Wolf. Schnell war klar: Der eigene Wald wirft nicht genügend Material ab und schied damit als einzige Energiequelle aus. Auf der Suche nach Alternativen stieß er schließlich auf das schnellwüchsige Süßgras und war schnell überzeugt: „Miscanthus passt sicher nicht auf jeden Betrieb, auf unseren schon.“

Scharfkantig und ausladend: Miscanthus-Blätter.

Und das, obwohl der Bankberater die sechsstellige Investition damals als „grenzwertig“ eingestuft hatte – „trotz guter Förderung“, so Wolf. Schließlich musste ein neuer Brenner her, dazu zwei große Pufferspeicher, die die Wärme konstant halten, und ein Nahwärmenetz für die angeschlossenen Gebäude. Platz für die Lagerung der gehäckselten Pflanzen ist auf dem Bauernhof jedoch zuhauf vorhanden: „Das große Volumen ist ein Nachteil dieses Rohstoffs“, erklärt Wolf.

Angebaut wird das ertragreiche Süßgras mit so genannten Rhizomen. Die Wurzelreste, einer Ingwerwurzel ähnlich, werden wie Kartoffeln in den Boden gebracht. Deren unterirdisches System bringt kontinuierlich neue Triebe hervor. Im ersten Jahr mussten die „Beikräuter“, wie Unkraut unter Bio-Landwirten genannt wird, noch in Schach gehalten werden. „Nach zwei Jahren hast du es aber geschafft“, sagt der 1,90-Mann und stellt sich fürs Foto vor die hoch aufragenden Stängel, die dicht an dicht stehen und nichts Unerwünschtes durchlassen.

Von Mai bis September treibt das Süßgras bis zu einer Höhe von vier Metern aus; beachtliche fünf Zentimeter wächst die Pflanze pro Tag. Mit dem ersten Frost fallen die scharfkantigen langen Blätter ab, verrotten, bauen damit wieder Humus auf und wirken der Erosion entgegen. Nun sind die abgestorbenen Stängel etwa so dick wie ein dünner Ast – die Ernte steht an. Der Zeitpunkt ist untypisch für unsere Landwirtschaft: Mitte April bis Anfang Mai, je nach Witterung, werden die Miscanthusstängel mit einem Maishäcksler geschnitten, gehäckselt und in die Lager transportiert. „Das kostet mich rund fünf Stunden pro Jahr“, sagt der Agrarwissenschaftler, „mehr Aufwand habe ich nicht.“

Gehäckselte Miscanthus-Stängel als Heizmaterial.

Vor dem Heizraum auf dem Hof steht eine große Kiste. Hier lagert die siliziumreiche Asche, eine grau-schwarze fein pulvrige Masse. „Die kommt wieder auf den Acker“, sagt Fritz Wolf, „das ist alles Natur.“

Natur, deren Nutzungsmöglichkeiten noch lange nicht ausgereizt sind. Davon ist Professor Dr. Ralf Pude überzeugt, der an der Universität Bonn zu nachwachsenden Rohstoffen forscht. In einem Interview im Deutschlandfunk Kultur rechnet er vor: „Ein Hektar Miscanthus bindet etwa 30 Tonnen CO-2. Das liegt daran, dass die Pflanze so schnell wächst, daher viel Photosynthese betreibt und enorm viel Kohlenstoffdioxid bindet.“ Er plädiert dafür, Miscanthus erst im zweiten Schritt energetisch zu nutzen. Zuvor könne das Süßgras als Tiereinstreu, für Substrate, Baustoffe oder als Verpackungsmaterial zum Einsatz kommen.

Miscanthus scheint wirklich so etwas wie eine Wunderpflanze zu sein – nicht nur für Fritz Wolf und seine Familie.