„Landwirte in Sorge“, „Angst vor neuer Dürre“, „Extreme Trockenheit“ – die Schlagzeilen klingen alarmierend. Was ist dran? Ein Besuch bei Bio-Bauer Anton Scheidel im Tauberfränkischen, das zu den trockensten und wärmsten Gebieten Deutschlands zählt.
Mit aufgerundet 20 Litern Regen pro Quadratmeter fiel der März 2022 deutlich zu trocken aus und erreichte nur 35 Prozent des Solls der Referenzperiode 1961 bis 1990 von 57 Litern pro Quadratmeter. Laut Deutschem Wetterdienst zählte der Monat zu den trockensten seit Beginn kontinuierlicher Wetteraufzeichnung 1881. „Etwas Regen hatten wir schon“, Anton Scheidel bleibt auch angesichts der Zahlen gelassen, „zwischen 8,5 und knapp 10 Liter sind gefallen.“ Mit diesem „etwas Regen“ auszukommen, darauf versteht sich der Bio-Landwirt.
Anton Scheidel, ein groß gewachsener, schlanker Mann mit wachem Blick und verschmitztem Lächeln, ist ein Praktiker. Seine Ausbildung hat der Agrarbetriebswirt in Triesdorf gemacht, an der Technikerschule und Höheren Landbauschule. Schon 1992 stellte der heute 52-Jährige den vom Vater übernommenen Hof auf Bio um und baute im Jahr 2000 hier hoch über dem Dorf Wachbach das Wohnhaus und den Stall neu. Inzwischen hat er den Hof um einen zweiten Stall erweitert, denn er hat sich auf Mutterkuhhaltung spezialisiert. Seine Tiere vermarktet er über die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall.
Zweites Standbein, ja sein Spezialgebiet ist Ackerbau - auf Flächen und in einem Klima, die nicht gerade dazu einladen. „Man braucht Pflanzen, die mit den Temperaturen und wenig Wasser zurechtkommen“, erklärt der Bio-Landwirt. Auf seinen Feldern beträgt die Humusauflage lediglich 12 bis 15 Zentimeter, anderswo sind es 30 Zentimeter; zudem sind die Schichten mit Steinen durchsetzt. Also setzt Anton Scheidel auf Luzerne: „Die wurzeln bis zu drei Meter tief, gehen durch die Steinschichten hindurch und ernähren sich so.“ Das Kleefutter und etwas Getreideschrot füttert er seinen Tieren. „In der konventionellen Bullenmast werden Mais und Sojaschrot zur Eiweißversorgung eingesetzt. Für mich gehört Soja im Rindviehbereich verboten.“
Ist es sinnvoll, Pflanzen aus anderen Regionen hier anzubauen - Soja, Kichererbse, Amarant? Versuche hat er gemacht, ist aber eher kritisch: „Bis Mai haben wir Fröste, in den Ursprungsländern gibt es die nicht.“ Zudem sei die Vegetationsperiode nicht lange genug. „Die Kichererbse passt eigentlich gut bei uns, aber als wir geerntet haben, waren Teile noch grün.“ Denn der September kann trocken sein, aber auch Nebel und Feuchtigkeit bringen. Die reifen Früchte beginnen zu verwesen, zugleich treibt die Pflanze wieder aus – der Fachmann spricht von Zwiewuchs.
„Der Aufwand lohnt sich unter dem Strich.“
Anton Scheidel, Bio-Landwirt und Ackerbauexperte
Langfristig denken und mit dem Boden arbeiten, das ist die Maxime des Bio-Bauern. Scheidel setzt auf verschiedene Zwischenfrüchte: Buchweizen, Senf, Sonnenblumen, Ölrettich, Weidelgras, Grünroggen, Platterbse. Den Winter über lässt er die Pflanzen stehen und arbeitet sie im Frühjahr ein: „Das Wachstum habe ich dann im Boden. Nichts geht nicht verloren.“ Ziel der Mühen ist krümelige Erde, die Pflanzen besser wachsen lässt und Regenwasser gut aufnehmen kann. „Der Aufwand lohnt sich unter dem Strich.“
Der Bio-Landwirt nennt ein Beispiel: Auf einem Acker hatte er im Herbst Weidelgras gesät, die Pflanzen im Frühjahr flach untergepflügt, den Acker gekreiselt und anschließend Mais gesät. Dann ein Wettereinbruch: Plötzlich fielen 60 Liter Wasser auf den Quadratmeter. „Aber der gare Boden hat dank Weidelgras gehalten, das Wasser hat keine Erde mitgenommen.“
Nach so viel Fachsimpelei in der gemütlichen Wohnküche geht’s hinaus aufs Feld. Die Winterungen – so nennt man die Herbstsaat - Roggen, Triticale und Einkorn sind im Boden. Scheidel führt auf den 3,4 Hektar großen, an den Hof grenzenden Acker, auf dem er heuer Linsen anbaut. Zur Vorbereitung hat der Bio-Bauer im vergangenen Sommer hier Buchweizen gesät („der hat eine kurze Vegetationszeit“), diesen im Herbst in den Boden eingearbeitet und im Winter mitunter Frostperioden genutzt, um flach zu grubbern. Im Frühjahr kamen dann die Linsensamen in den Boden: „Der Buchweizen wirkt als Bodendecker.“ In Reih und Glied sprießen die zarten Linsenpflänzchen aus dem Boden. Anton Scheidel bückt sich, greift eine Handvoll Erde und lässt sie zwischen den Fingern hinabrieseln. So will es der Ackerbauer.
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