2021_01_05_Folge_45_Zwischenfrucht_Aufmacher

Wer derzeit übers Land fährt, mag sich über braune Felder wundern, aus denen erfrorene Pflanzenstängel ragen. Doch der für Augen von Laien wenig attraktive Bewuchs hat eine wichtige Funktion: Die Zwischenfrucht unterstützt die Humusbildung im Boden.

An diesem sonnigen Wintertag treffen wir Andre Hutzenlaub vor seinem Bioland-Hof in Unterfischach (Kreis Hall). Im Hauptberuf ist er beim Landwirtschaftlichen Beratungsdienst Schwäbisch Hall tätig und unterstützt die Berufskollegen, die – wie er selbst – nach ökologischen Regeln wirtschaften. Nicht nur nebenbei, sondern mit Herzblut bewirtschaftet der studierte Agrarwissenschaftler zudem den elterlichen Hof, den er Mitte vergangenen Jahres übernommen hat.

Köstliche Kostprobe von Ölrettich auf dem Acker.

 

Heute will er uns die Bedeutung von Zwischenfrucht nahebringen. Wir fahren hinaus auf seinen Acker über dem idyllischen Fischachtal. Hier ist alles braun, zwischen den erfrorenen Pflanzen ein paar Sonnenblumenstängel und gekräuseltes, sich sternförmig ausbreitendes Grün. Daneben rammt der Bio-Bauer den Spaten in den Boden und zieht eine 30 bis 40 Zentimeter lange Frucht aus dem Boden – ein Ölrettich. Der obere Teil ist dem Frost zum Opfer gefallen, der im wärmeren Boden konservierte Teil unversehrt. Die Kostprobe auf dem Acker schmeckt wunderbar knackig und frisch. Im Herbst gab’s bei Hutzenlaubs oft Rettichsalat, erzählt er und grinst.

Dann folgt ein kleines Einmaleins in Ackerbau. Andre Hutzenlaub erklärt: Was im Herbst an Saatgut in die Erde kommt, nennt der Landwirt Winterung - bei ihm Winterweizen und Wintergerste. Was im Frühjahr gesät wird, sind Sommerungen – bei ihm Kürbisse und im nächsten Jahr erstmals Gelbsenf für Ecoland Herbs & Spices. „Zwischenfrucht hat eine unkrautunterdrückende Funktion und dient der Bodengesundung“, erklärt der Biobauer, „sie wird nach Winterung und vor Sommerung gesät.“

 

Knöllchenbakerien bilden Stickstoff im Boden. 

 

Mehr noch: Sie verbessert die Bodenbeschaffenheit und unterstützt die Humusbildung. „Bei der Zwischenfrucht ist das Wichtigste, was im Boden ist.“ Wieder kommt der Spaten zum Einsatz. Andre Hutzenlaub nimmt den Brocken in die Hände und zerbröselt die lockere Erde zwischen den Fingern. Mit dem Ergebnis ist er zufrieden. „Die Wurzeln tauchen in allen Bodentiefen auf.“ Vorsichtig legt er ein zartes Gebilde frei und präsentiert es auf der Handfläche: „Hier sind die Knöllchenbakterien von der Erbse zu sehen, die ist im vergangenen Jahr hier gewachsen.“ Über die Knöllchenbakterien bilden Leguminosen (Hülsenfrüchte und Kleeartige) den gewünschten Stickstoff im Boden. Auch Rehe und Hasen fühlen sich wohl. Neben Schutz bietet ihnen die Zwischenfrucht ausreichend Nahrung, das belegen abgefressene grüne Stängel.

 

 Links ein gepflügter Acker, rechts das Feld mit Zwischenfrucht.

 

Die Liste der Saaten aus biologischer Vermehrung, deren Wurzeln in Hutzenlaubs Boden schlummern, ist lang. Elf verschiedene Pflanzen, darunter Alexandrinerklee, Buchweizen und Sommerwicken, sorgen für „eine gute Durchwurzelung des Bodenraums, eine sehr gute Beschattung des Bodens sowie eine gute Stickstoffanreicherung durch den hohen Leguminosenanteil“ (so steht’s im Katalog). Untergepflügt wird im Winter „so spät wie möglich und so früh wie nötig“ – und am besten bei Frost. Auch das eine Boden schonende Maßnahme.

 

Das Saatgut hat freilich seinen Preis: 129 Euro zahlt Andre Hutzenlaub pro Hektar, und er zahlt ihn gerne: „Das kommt mir doch bei der Ernte wieder zugute.“ Es ist aber nicht nur die Aussicht auf Ertrag, die ihn motiviert. Im Gegenteil. „Unser Boden ist doch unser wichtigstes Gut, die Grundlage des Lebens“, sagt der Bio-Bauer und wird mit einem Mal ganz ernst: „Der Boden erzeugt Sauerstoff, bindet CO 2, reinigt unser Wasser und liefert unsere Lebensmittel.“ Dann fügt er hinzu: „Und wir treten ihn mit Füßen.“