Von Bäuerliche Erzeugergemeinschaft auf Dienstag, 10. Oktober 2023
Kategorie: Hohenloher Genuss

Ein Hoch aufs Siedfleisch!

Siedfleisch mit Meerrettich ist ein Hohenloher Traditionsgericht. Aber welches Teilstück des Weiderinds bœuf de Hohenlohe ist dafür geeignet? Wir fragen den Experten: Philipp Brauch, 32, Metzgermeister der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall.

Früher war Siedfleisch mit Meerrettich bei Hochzeitsessen der klassische Zwischengang. Das Gericht wurde zwischen Suppe und Hauptspeise aufgetragen. Doch während in Österreich gekochtes Rindfleisch seit jeher geschätzt wird, scheint das Gericht hierzulande eher in Vergessenheit zu geraten. Aus einem einfachen Grund: Die Zubereitung von Siedfleisch verlangt deutlich mehr Zeit als die von kurz Gebratenem. Das ist schade, denn Siedfleisch hat ein kräftiges Aroma und schmeckt entsprechend zubereitet ausgezeichnet. Obendrauf gibt’s eine tolle Fleischbrühe, die sich als Suppe oder für Eintöpfe verwenden lässt und Kartoffelsalat – Äbbierâsalôôd, wie ihn die Hohenloher nennen – saftig macht.

„Alle Teilstücke eines Tieres bestehen aus verschiedenen Muskelpartien, die unterschiedlich beansprucht werden“, erklärt der Metzgermeister. Muskeln, die viel bewegt werden, haben eher lange Fasern, ein stabiles Bindegewebe und einen hohen Kollagenanteil, solche mit wenig Bewegung eher feinfaseriges Fleisch. „Die meisten Stücke, die sich für Siedfleisch eignen, stammen aus dem Vorderviertel“, erklärt Metzgermeister Philip Brauch. Ideal sind Teile aus der Brust wie der Brustkern, die zudem recht preiswert sind. Im Gegensatz zum mageren Tafelspitz, der aus dem Hinterviertel geschnitten wird: „Das Stück liegt unter der Hüfte.“ Der Name Tafelspitz leitet sich von der leicht dreieckigen Form ab, die zur Schwanzseite spitz zuläuft.

Entscheidenden Einfluss auf die Fleischqualität haben Abstammung und Haltung. Lokale Rassen wie Limpurger und Fleckvieh werden mit dem französischen Limousin zu bœuf de Hohenlohe gekreuzt. Während der Aufzucht weiden die Jungrinder auf Wiesen mit Kräutern und Klee, die Grundlage für eine gesunde Aufzucht. Anschließend werden die Mastrinder auf der Hohenloher Ebene in Ställen mit Stroheinstreu gehalten. Während der gesamten Endmast bekommen die Tiere nur gesundes Futter aus der Region. Auch das Geschlecht spielt für die Qualität eine Rolle: „Das Fleisch von Färsen ist stärker marmoriert und hat einen intensiveren Geschmack“, sagt der Experte. Färsen sind weibliche Tiere, die noch nicht gekalbt haben und im Alter von 20 bis 24 Monaten geschlachtet werden. „Nach fünf Tagen ist dieses Fleisch reif, es soll nicht lange abhängen.“

Wie der Name schon verrät, sollte Siedfleisch nicht kochen, sondern sieden. Fleischknochen (eventuell kurz überbrühen, damit Knochenreste vom Sägen abgespült werden) oder Beinscheiben in kaltem Wasser aufsetzen und zum Kochen bringen. In die heiße Flüssigkeit das Siedfleisch oder den Tafelspitz einlegen und simmern lassen. „Nach etwa einer Stunde Suppengemüse wie Sellerie, Karotten, Petersilie, Maggikraut, Pfefferkörner, ein Lorbeerblatt und etwas Pimentkörner dazugeben“, zählt Philipp Brauch auf. Ohne Fett gebräunte Zwiebelhälften geben der Brühe Farbe. Die Zubereitungszeit variiert je nach Stück zwischen zwei und drei Stunden. Als Faustregel gilt: Pro Kilogramm Fleisch zwei Stunden Garzeit. Mit einem Holzspieß überprüfen, ob das Fleisch weich ist. Dann herausnehmen, warmhalten und die Suppe durch ein Sieb oder ein Mulltuch abseihen. Das Siedfleisch quer zur Faser in Scheiben schneiden und zum Servieren etwas Suppe darüber geben.

Bei Familie Brauch kommen zum Siedfleisch die klassischen Beilagen auf den Tisch: „Meerrettichsoße, Rote-Bete-Salat, Senfgurken, Preisbeeren und Salz- oder Bratkartoffeln.“ Ein echtes Hohenloher Festessen – nicht nur zur Hochzeit.