Köstliches aus Hohenlohe: In unserem Blog stellen wir einmal im Monat Gerichte mit den besten Erzeugnissen unserer Bauern in den Mittelpunkt. Heute: Gefüllter Jungschweinebraten mit Filet, Steinpilzen und Kartoffelbaumkuchen.
Die Silvesterparty fällt in diesem Jahr wohl ins Wasser. Maximilian Korschinsky, gastronomischer Leiter und kulinarischer Botschafter der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, hat stattdessen ein feines Gericht rund ums Schwäbisch-Hällische Qualitätsschweinefleisch g.g.A. (EU-geschützte geografische Angabe) komponiert.
Bei diesem Festessen lässt sich das alte Jahr im kleinen Freundes- oder Familienkreis stilvoll ausklingen. „Die Zubereitung ist zwar etwas aufwändig, aber das Ergebnis macht die Arbeit mehr als wett“, verspricht der Küchenprofi.
Zutaten (für 6 Personen)
Für den Jungschweinebraten:
Für den Kartoffelbaumkuchen:
Zubereitung:
Wir wünschen guten Appetit! Auch im kommenden Jahr setzen wir unsere beliebte Serie „Heimatküche“ fort. Die nächste Folge erscheint übrigens am 25. Januar 2022 – verpassen Sie das Rezept nicht.
Zum Jubiläum „200 Jahre Schwäbisch-Hällisches“ erzählen wir die Geschichte der ältesten deutschen Schweinerasse. Im vergangenen Blog waren die Anfänge der Zucht Thema. Nun geht’s um Niedergang – und Wiederauferstehung.
1927 wird das Schwäbisch-Hällische als „Schwein der Zukunft“ gerühmt. 55 Jahr später läutet ihm „Der Haalquell“ das Totenglöckchen. 1982 erscheint in den „Blätter für die Heimatkunde des Haller Landes“ die Titelgeschichte „Das Schwäbisch-Hällische Schwein – eine ausgestorbene Schweinerasse“. Was ist passiert?
Ausgerechnet die Eigenschaft, die das Schwäbisch-Hällische zum beliebtesten Schwein der Bauern gemacht hatte, wurde ihm zum Verhängnis: der hohe Fettanteil seines Fleischs. Dazumal war Schweinefett eine der wichtigsten Nahrungsquellen. Doch Ende der 1950er Jahre kommt es zum Einbruch. Im Nachkriegsdeutschland verlangen die Verbraucher Fleisch mit möglichst wenig Fett. Die Züchter tragen dem Rechnung und importieren Fleischschweine aus Holland, Dänemark und Schweden, die sie mit dem weißen veredelten Deutschen Landschwein kreuzen.
1968 stellt der Schweinezuchtverband Baden-Württemberg das Zuchtbuch der Schwäbisch-Hällischen ein. Bei keiner Nutztierart ist die Zahl der verbliebenen Rassen so gering wie beim Schwein. Heute sind mehr als 90 Prozent der deutschen Schlachtschweine Kreuzungsschweine aus überwiegend vier Schweinerassen: Deutsches Edelschwein, Deutsche Landrasse, Duroc und Pietrain.
„Die Rettung der alten Landrasse war das Werk vieler“
Rudolf Bühler, Vorsitzender der Züchtervereinigung Schwäbisch-Hällisches Schwein
Industrieschweine statt Schwäbisch-Hällischer? Einige Hohenloher Bauern wollen das nicht einsehen und halten an ihren robusten Schwäbisch-Hällischen fest. „Die Rettung der alten Landrasse war das Werk vieler“, sagt Rudolf Bühler. Ohne die Beharrlichkeit des Bio-Landwirts aus Wolpertshausen wäre die alte Landrasse aber tatsächlich ausgestorben. 1983 treffen sich auf sein Betreiben hin die Halter von Schwäbisch-Hällischen Restbeständen und Interessierte an Schwäbisch-Hällischen Schweinen in der Gaststätte Zur Sonne, dem heutigen Sonnenhof in Wolpertshausen. Die Runde beschließt, ihr bäuerliches Erbe zu retten und die verbliebenen Schwäbisch-Hällischen einer sogenannten Körkommission vorzustellen.
So kommt es auch. 1984 küren die Experten sieben Zuchtsauen zu den letzten noch existierenden reinrassigen Schwäbisch-Hällischen im angestammten Zuchtgebiet. Zwei Jahre später gründen die Hohenloher die Züchtervereinigung Schwäbisch-Hällisches Schwein. Heute sorgen 15 Herdbuchzüchter für den Fortbestand der alten Landrasse.
Vorsitzender war und ist Rudolf Bühler.
Erfolgreich züchten ist eine Sache, erfolgreiches Vermarkten eine andere. Das eigene Vermarktungsprogramm bildet die wirtschaftliche Basis für den Erhalt der Rasse. So gründet Rudolf Bühler 1988 mit acht Gleichgesinnten die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft (BESH) w.V., einen wirtschaftlichen Verein. Eines der Ziele: das Schwäbisch-Hällische Landschwein nach strengen Richtlinien artgerecht zu halten und zu füttern, um schmackhaftes Fleisch zu erzeugen.
An einem runden Tisch entwickeln Verbraucher, Tier- und Umweltschützer, Landfrauen, Kirchenvertreter und andere Verbände erstmals Richtlinien für artgerechte Tierhaltung und gesunde Fütterung. „Ein Wendepunkt in der deutschen Landwirtschaft“, erinnert sich Rudolf Bühler. Die Widerstände einschlägiger Verbände bleiben nicht aus, doch die Hohenloher bleiben sich und ihrer selbst gewählten Mission treu.
Der Ritterschlag für die alte Landrasse erfolgt 1998: Schwäbisch-Hällisches Qualitätsschweinefleisch wird auf Beschluss der EU-Kommission als „geschützte geografische Angabe“ europaweit unter Schutz gestellt. Nur Fleisch, das im Landkreis Hall und den fünf umliegenden Kreisen nach fest geschriebenen Traditionen erzeugt wird, darf als Schwäbisch-Hällisches Qualitätsschweinefleisch g.g.A. vermarktet werden. Ein Siegel, auf das sich Verbraucher verlassen können.
Der gute Ruf des „Hohenloher Märchens“, wie es einmal genannt wird, erreicht auch das britische Königshaus. Im Mai 2013 können die Hohenloher Bauern rund um Rudolf Bühler den britischen Thronfolger Charles in der Vorzeigeregion für ökologischen Landbau willkommen heißen. Das Foto des Prinzen mit dem schwarz-weißen Ferkel geht über die Sender und erscheint nicht nur in deutschen Tageszeitungen. Das Schwäbisch-Hällische ist eben in doppelter Hinsicht ein königliches Schwein.
2021 ist für das Schwäbisch-Hällische Schwein ein ganz besonderes Jahr. Vor genau 200 Jahren nämlich wurde die älteste deutsche Schweinerasse begründet. Zum Jubiläum erzählen wir die Geschichte unseres ganz besonderen Schweins - hier die Anfänge.
Im Grunde beginnt alles noch ein paar Jahre früher – im Jahr 1815 mit dem Ausbruch des Vulkans Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa. Die gewaltige Eruption schleudert Asche und Schwefelgase in die Atmosphäre, die sich um den Erdball verbreiteten. Die Folge: In Mitteleuropa und Nordostamerika geht 1816 als „Jahr ohne Sommer“ in die Geschichte ein. Das Getreide verschimmelt auf den Feldern, die Ernte fällt aus. Die Folgen sind Hunger und Verarmung.
Der Vulkanausbruch und seine Folgen prägen die Geschichte Württembergs. Just in dieser Zeit besteigt König Wilhelm I. (1781-1864) den Thron und stellt bereits in seiner Antrittsrede Maßnahmen zur Verbesserung der Landwirtschaft in Aussicht. Der junge König gründet eine landwirtschaftliche Unterrichts-, Versuchs- und Musteranstalt in Hohenheim, aus der die Universität Hohenheim hervorgeht. In Bad Cannstatt stiftet Wilhelm mit Frau Katharina, einer russischen Zarentochter, ein landwirtschaftliches Fest. Erstmals findet die Leistungsschau - das heutige Landwirtschaftliche Hauptfest – im Jahr 1818 statt.
Drei Jahre später, im Jahr 1821 erreichen auf Anordnung von König Wilhelm I. von Württemberg „zur Hebung der Schweinezucht“ Sauen und Eber aus England die königlichen Domänen. Auf der Insel hat die europäische Schweinezucht ihren Anfang genommen. Dank ihres weitreichenden Seehandels haben die Engländer chinesische Schweine aus der Provinz Jinhua importiert und mit einheimischen Schweinen gekreuzt. Bis zu dieser Zeit wurden in Mitteleuropa nur domestizierte Wildschweine gehalten. Mit der Einfuhr der „Chinesenschweine“ entstehen erstmals auf dem Kontinent Hausschweinerassen.
„Besonderes Kennzeichen der Echtheit: schwarzer Kopf und schwarzes Hinterteil“
Pfarrer Treßler, Geislingen am Kocher
Unter Leitung von Wilhelms Güterverwalter August Weckherlin werden die Schweine mit heimischen domestizierten Wildschweinen – dem Hällischen Schlag – gekreuzt. 1823 ist dazu im Correspondenzblatt des königlich württembergischen landwirtschaftlichen Vereins vermerkt: „Durch die schnelle Vermehrung kann diese Zucht bald sehr verbreitet werden; zu dieser Absicht haben Seine Majestät schon Tiere einzeln und paarweise an bekannte Landwirte verschenken lassen, auch werden die Jungen öffentlich verkauft.“
Die Erfolgsgeschichte nimmt ihren Anfang. 1844 berichtet der Geislinger Pfarrer Treßler in einer landwirtschaftlichen Beschreibung des Oberamts Hall erstmals euphorisch über die Hällische Schweinezucht. Er beschreibt die Tiere so, wie wir das Schwäbisch-Hällische Schwein heute kennen: „Tief herabhängende Schlappohren, langer Rüssel, grobe Knochen, außerordentliche Körperlänge. Besonderes Kennzeichen der Echtheit: schwarzer Kopf und schwarzes Hinterteil.“
Und 1847 ist dort vermerkt: „Die Schweinezucht ist von sehr großem Belang. Nirgends versteht man sich besser auf Schweinemast und Schweinezucht als im Hall’schen, nirgends sonst werden sie in größerer Ausdehnung betrieben und nirgends trifft man die eigentümlich vorzügliche Rasse, wie sie hier der Bauer hat.“
Am besten verbreitet sich das Schwäbisch-Hällische Landschwein in der Region um Hall. Stolz auf die blühende Schweinezucht stellt die Stadt 1841 beim Festumzug zum 25-Jahr-Jubiläum der Thronbesteigung von König Wilhelm I. von Württemberg auf der Fahne des Landwirtschaftlichen Bezirksvereins Hall ein Hällisches Mutterschwein samt Ferkeln vor. Diese Fahne ist heute im Hällisch-Fränkischen Museum in Schwäbisch Hall ausgestellt.
Von einer planmäßigen Zucht freilich kann erst von 1925 an die Rede sein – mit der Gründung der ersten Züchtervereinigung für das Schwäbisch-Hällische Schwein. Die Erfolge der planvollen Zuchtarbeit treten rasch zutage. 1927 spricht ein Festredner bei einer Landwirtschaftsschau in Hall euphorisch vom Hällischen Schwein als dem „Schwein der Zukunft“. Zahlreiche Preise auf den DLG-Ausstellungen in München zwischen 1929 und 1937 belegen die Erfolge. Ihre Fruchtbarkeit und Fleischqualität machen die Landrasse bei den Bauern beliebt. Der Siegeszug der Schwäbisch-Hällischen beginnt.
Wie es weitergeht, erfahren Sie im zweiten Teil der Geschichte des Schwäbisch-Hällischen Schweins – in unserem Beitrag am 21. Dezember. Schauen Sie rein!
Sechs Jahre haben sie gekämpft, jetzt ist der Vorzeigestall von Marion und Frank Walter bei Jungholzhausen bezogen. Das Gebäude ist nicht nur groß – 37 auf 68 Meter -, sondern auch innovativ eingerichtet. 1440 Schwäbisch-Hällische Schweine werden hier gemästet.
An diesem Tag liefert ein Fahrer der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall die letzten 240 Tiere an. Jetzt ist der Bestand komplett. Zwölf Wochen alt, rund 32 Kilogramm schwer sind die Schwäbisch-Hällischen Ferkel. Bei Walters ist alles vorbereitet. Am Kopf der großen Bucht befindet sich der Fressplatz. Hierhin gelangen die Schweine über eine Schleuse mit einer Kamera, die die jeweilige Mastreife erfasst.
„Kantine, Couch, Badewanne, Toilette“
Frank Walter, Schweinemäster aus Jungholzhausen
An den Fressplatz schließt sich der dick mit Stroh eingestreute Ruhebereich an, der zudem mit großen Deckeln geschützt ist und warm gehalten wird. Von dort geht’s über eine Klappe nach draußen. „Hier, unter Dach, ist im Sommer auch die Suhle angelegt“, erklärt Marion Walter. „Kantine, Couch, Badewanne, Toilette“ fasst Frank Walter kurz und bündig zusammen. Der Auslauf macht etwa ein Drittel der Fläche aus, zwei Drittel der Innenbereich. Die Tiere können sich frei zwischen drinnen und draußen bewegen.
Der Waltersche Stall ist vom baden-württembergischen Landwirtschaftsministerium als Förderprojekt eingestuft. Ziel ist, innovative Baukonzepte zu unterstützen, die tier- und umweltgerecht sind. Beteiligt sind die Landwirtschaftsämter, die landwirtschaftliche Hochschule Hohenheim und die Hochschule für Umwelt in Nürtingen sowie die Landesanstalt für Schweinezucht in Boxberg. „Die baulichen Mehrkosten in die Innovationen werden bezuschusst“, erklärt Frank Walter. Im Gegenzug verpflichtete sich das Paar, dass Studenten in ihrem Stall forschen dürfen. Und: Die Landwirte müssen Öffentlichkeitsarbeit leisten. Durch eine Glasscheibe können Besucher in den Stall schauen.
Vor sechs Jahren haben die Walters mit der Planung begonnen. Der Widerstand war zunächst groß, nach und nach konnten die Bedenken jedoch ausgeräumt werden. Die Bauphase selbst betrug ein Jahr. Rund 1,5 Millionen Euro haben die Walters in ihr Projekt investiert. Daher läuft die Fütterung computergesteuert, die Einstreu per Strohgondel, ausgemistet wird mit dem Radlader. Ein Stall dieser Größe muss für ein Paar auch zu bewirtschaften sein.
Zurück zu den Neuankömmlingen. Neugierig drängen die Ferkel in die Bucht. Vor dem großen Strohbett halten sie erstmal vorsichtig inne. Nach und nach wagen sich die ersten Mutigen vor und stürzen sich kopfüber in das weiche Material, andere folgen. Schon haben sich die ersten Schwäbisch-Hällischen den großen Auslauf erobert und toben wild herum.
Tierarzt Jan Schepers aus Cappel beobachtet das Treiben der Gruppe genau. Alle zwei Wochen ist der von den Walters beauftragte Mediziner in der Anfangsphase vor Ort. Zuvor hat er im Auslauf eine Staubprobe genommen, auch Blutproben wird er ziehen. Die augenscheinliche Beurteilung fällt positiv aus: „Scheint alles in Ordnung zu sein“, sagt er.
Rangkämpfe sind bei Gruppen dieser Größe übrigens selten – auch das ein Vorteil des innovativen Stallkonzepts. „Ein Schwein kann maximal 40 Tiere registrieren“, erklärt Marion Walter, „ab dieser Größe sind sie kein Rudel mehr.“ Wieder was gelernt.
Halloween ist längst in Deutschland angekommen. Verkleidete Kinder ziehen am 31. Oktober abends von Haus zu Haus und fordern mit dem Spruch „Süßes oder Saures“ Süßigkeiten ein. Der uralte Hohenloher Brauch des „Ouklöpflerle“ dagegen ist in Vergessenheit geraten.
Ältere Hohenloher wissen zumindest vom Hörensagen, wie das Ouklöpferle vonstatten ging. Anneliese Fischer von der LandFrauen-Gruppe „Schwungfeder“ aus dem KreislandFrauenverband Schwäbisch Hall etwa, sie hat den Brauch in dem Band „Orte der Erinnerung“ (2007) aufgeschrieben: „In Erinnerung geblieben ist mir folgende Begebenheit: Als Kinder zogen wir von Haus zu Haus und sangen etwa drei Wochen vor Weihnachten: ,Auklopfe Hämmerle, s’Brot leit im Kämmerle, s’Messer leiht danebe, kosch mer ebbes gewe!‘ Manchmal bekamen wir ein paar Brötle oder einen gekauften Lebkuchen – ab und zu auch einen großen mit einem Nikolausbild darauf. Das war dann ganz toll.“
Die Zeugnisse sind rat. Auf der Webseite der Kirchengemeinde Untermünkheim wird der Brauch so beschrieben: „An den drei letzten Donnerstagen vor Weihnachten fand bis in die 1950er Jahre das ,Ouklopflerle‘ statt, und die Kinder zogen mit Einbruch der Dunkelheit truppweise von Haus zu Haus. Sie machten sich an der Haustür durch Klopfen oder das Singen von Advents- und Weihnachtsliedern bemerkbar (....) Als Belohnung erwartete sie dann Äpfel, Birnen, Nüsse und Ausstecherle (Albertle), die im mitgebrachten ,Klörble‘ oder ,Säckle‘ verstaut wurden. Namentlich der dritte Donnerstag - also der unmittelbar vor dem Weihnachtsfest – war der ,reechte Ouklopferle‘ und die Kinder wussten von den Vorjahren, dass es an diesem Termin immer die meisten und besten ,Brödle‘ gab: Anisbrödle, Spitzbüble und auch einmal Bärentatzen. Man erinnerte sich genau, vor welchem Haus man besonders schön singen musste.“ Nicht nur mit Klopfen oder Singen, sondern vor allem mit Versen machten sich die Kinder bemerkbar.
„Der Umbruch der Zeiten gefährdet das Alte, Gewachsene. Selbst im abgelegenen Hohenlohe, dessen Bewohner am Hergebrachten hängen, läßt sich die Entwicklung nicht aufhalten. Bräuche geraten in Vergessenheit, die Mundart wird überlagert, Originale sterben aus, die alten ,Gschichtlich‘ und die Sagen verschwinden aus der Volksüberlieferung. Noch ist zwar eine Fülle von Erinnerungen lebendig, die nächste Generation wird sie jedoch nicht mehr kennen.“ So schreiben es der Bächlinger Pfarrer, Volkskundler, Autor Rudolf Schlauch und seine Frau Ingaruth in dem Band „Der unversiegte Brunnen. Heitere Geschichten aus Hohenlohe“ (1963) und halten die Erinnerung an diesen „Ouklöpferle“-Spruch fest:
„Ouklopfe Hemmerle
S’Brot leit im Kemmerle
S‘Messer liecht drnewe
Sellsch mr ebbes gewe:
Äpfel raus, Bire raus
Gäh i in e anders Haus
Anders Haus i gschlosse
Hat mea wer sou verdrosse!“
Aus der Zeit um das Jahr 1900 ist der Kirchengemeinde Untermünkheim zufolge dieser Vers überliefert: „Anklopfe Hammerstiel, reiche Baure, geb mir viel, geb mer net zu weenich, bin en armer Keenich, lass mi net zu lange stehn, ich muss heit noch weiter gehen.“ Noch deutlicher ist der Vers abgefasst, den Heimatforscher Bernd Heinle aus Vellberg festgehalten hat: „Ouklopfe Pfannestiel, reicht Bäuri gebt nur viel. Gebt mr a rechts Stück Brot, sunscht schloch i di dot!“. Die Androhung des Totschlagens war wohl nicht wörtlich zu nehmen. Der Vers macht aber deutlich, worum es ursprünglich ging – um bittere Not. Mit dem Ouklöpferle baten die Kinder der armen Dorfbewohner um eine Nahrungsspende in der Vorweihnachtszeit.
Mitgefühl und Solidarität: Diese Botschaft ist zu Advent eigentlich aktueller denn je – weltweit wie in Deutschland.
Köstliches aus Hohenlohe: In unserem Blog stellen wir einmal im Monat Gerichte mit den besten Erzeugnissen unserer Bauern in den Mittelpunkt. Heute: Ragout vom Hohenloher Wildschwein mit Salbei-Tagliatelle und gebratenem Rosenkohl
Wild ist eine Delikatesse, die vor allem in den Herbst- und Wintermonaten Tradition hat. Jetzt finden in den Hohenloher Wäldern wieder die großen Treibjagden statt. Die hiesigen Jäger liefern Reh, Damwild und Wildschwein in die Wildmanufaktur der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, wo das edle Wildbret in Wert gesetzt wird.
Luise Wirsching, 75, ist Bäuerin im Nebenerwerb im hohenlohischen Spielbach. Vor allem aber ist sie Expertin für Obstbaumschnitt. Dieses Wissen gibt sie weiter – etwa in Kursen an der Fritz-Strempfer-Bauernschule auf Schloss Kirchberg/Jagst. Wir waren dabei.
Unbelaubt recken sie in diesen Tagen auf Streuobstwiesen und an Feldwegen ihre knorrigen Äste gen Himmel: Alte Apfel- und Birnenbäume, Hochstämme zumeist, die offensichtlich und dringend der Pflege bedürfen. Seit mehr als 45 Jahren rückt Luise Wirsching in Hohenlohe dem Wildwuchs zu Leibe. Da die Spielbacherin freilich nicht alle Bäume in der Region pflegen kann, zeigt sie Interessierten, wie es geht. Ihr Motto: „Ein Obstfachmann schaut auch nach anderen Obstbäumen – und gibt weiter, was er weiß.“ Dann schiebt sie pragmatisch nach: „Wenn ihr nur 50 Prozent wisst, ist das besser als nichts.“
„Der Obstbaum ist eine Kulturpflanze“
Luise Wirsching, Expertin für Obstbaumschnitt
Erlernt hat sie die Kunst des Obstbaumschneidens zunächst von ihrem Vater, berichtet Luise (sie hört nur auf ihren Vornamen und ist mit allen per Du). Dieser Erfahrungsschatz wird in den Bauersfamilien von Generation zu Generation weitergeben. „Im Winter 2013 hab‘ ich dann mein gesammeltes Wissen zusammengeschrieben.“ Das Ergebnis ist eine liebevoll verfasste, handgeschriebene Präsentation: „Wie kann ich meine Obstbäume selber pflanzen, schneiden und pflegen?“
Den rund 20 Teilnehmenden dämmert schnell, dass Obstbaumpflege ganz schön viel Arbeit macht. „Der Obstbaum ist eine Kulturpflanze“, doziert Luise Wirsching, „und was braucht Kultur?“ Sie zählt auf: Wissen, Pflege, Fürsorge und Liebe. „Oubstbahme sann wie Kind. Stell diea emoal ela neid Welt – woß dann werd“ (für Nicht-Hohenlohisch-Kundige: Obstbäume sind wie Kinder. Stell die einmal allein in die Welt – was dann wird).
Soll der „große Traum vom schönen Baum“ wahr werden, sind verschiedene Faktoren zu beachten. Zunächst der Standort: Für die Hauswand ist Spalierobst angesagt; Hochstämme gehören in Obstgärten. Beim Kauf plädiert die Expertin energisch für die Baumschule. Deren Pflanzen sind an Witterung wie Boden angepasst und werden frisch aus der Erde geholt; fachliche Beratung gibt’s obendrein. Zu achten sei auf die Verteilung der Äste, einen geraden Stamm, gut ausgebildetes Wurzelwerk.
Auch das Einpflanzen – bei Hochstämmen soll der Abstand mindestens acht bis zehn Meter betragen - will gelernt sein: das Pflanzloch ein Drittel breiter und tiefer als der Wurzelballen, starke Wurzeln schräg einkürzen, Veredelungsstelle über dem Boden belassen, den Stützpfahl zuerst einschlagen, um die Wurzeln nicht zu verletzen. Dann erst wird die Pflanze gesetzt. „Eine starke Wurzel und ein starker Ast sollen nach Westen weisen“, sagt Luise. Und warum? Ein Teilnehmer weiß Bescheid: „Das erhöht die Standfestigkeit bei Wind.“
Am Ende der Pflanzung sollen die Wurzeln mit feiner Erde bedeckt, dann festgetreten, dann gewässert, dann vollends zudeckt und noch mal festgetreten werden. Nun geht die Arbeit aber erst richtig los, erklärt Luise: „Am wichtigsten ist der Schnitt in den ersten fünf Jahren, dann ist der Baum erwachsen und gerüstet.“ Doch auch ältere Obstbäume bedürfen immer wieder der Zuwendung. Mitteltrieb, Formieren mit Band oder Spreiz, Saftwaage und Sommerriss, Augen und Astrücken – dem Laien schwirrt der Kopf. Der Einsatz tut aber not, sagt Luise: „Schneiden bringt dem Baum eine Form, eine Kraft, einen Halt, Fruchtäste, Licht und Luft.“ Die Expertin fasst kurz und bündig zusammen: „Scharfe Zucht – gute Frucht!“
Nun geht’s der Spielbacherin aber nicht nur um die Ernte. Auch der Natur- und Vogelschutz isst ihr ein Herzensanliegen: „Jeder Obstbaumbesitzer ist Naturschützer und Vogelschützer!“ Das können ihre Schülerinnen und Schüler in Zeiten des Bienen-, Vögel- und Insektensterbens nur unterstützen.
Seit 2019 schreibt der Lebensmittel-Großhändler Metro alljährlich den Preis für nachhaltige Gastronomie aus. Zu den drei Finalisten gehört in diesem Jahr das Karlsruher Bio-fine-dining-Restaurant erasmus, langjähriger Partner der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft.
„Mein Restaurant ist biozertifiziert, daher verarbeite ich vom Bio-Ei bis zum MSC-zertifizierten Fisch nur beste Ware“, sagt Küchenchef Marcello Gallotti, „die Prinzipien ,Nose to tail‘ und ,Root to leaf‘ setze ich um, wo immer es geht.“ Für den gebürtigen Römer heißt das: Er bezieht vornehmlich ganze Tiere wie etwa Schwäbisch-Hällische Bio-Weideschweine aus Hohenlohe. Diese verarbeitet er vom Rüssel bis zum Schwänzle zu Salsicce, Lardo aus dem festen Rückspeck der Schwäbisch-Hällischen Eichelmastschweine oder Terrinen. Derzeit wird im erasmus als Amuse-Bouche beispielsweise Presskopf vom Schwäbisch-Hällischen mit Senfsoße und eingelegtem Gemüse serviert. Die Filetstücke kommen als Tellergerichte im Restaurant auf den Tisch. Feines Ragù gibt es im angeschlossenen Feinkostladen in Weckgläsern zu kaufen. Das Konzept hat dem Erasmus 2018 übrigens die Auszeichnung „Tierschutz auf dem Teller“ der Schweisfurth Stiftung eingebracht.
Als „Gastronomiepaar mit Migrationshintergrund“ fühlen sich die ausgebildeten Köche Andrea und Marcello Gallotti der Internationalität (sie sind Mitglied des Slow-Food-Netzwerks Chef Alliance) wie der Regionalität (sie sind Bioland-Partner) gleichermaßen zugehörig und verpflichtet. „Wir kaufen Fleisch aller Tiere ausschließlich direkt beim Landwirt ein, weil wir finden, dieser sollte den größten Teil des wirtschaftlichen Kuchens bekommen und weil wir selbst als Landwirte glücklich wären zu wissen, wo und bei wem unsere Tiere wertschätzend in hochwertige Lebensmittel verwandelt werden“, bekennen sie sich zu ihren Partnern wie der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall und den Erzeugnissen „direkt vom Bauern“.
Die Gastronomieführer sind voll des Lobs. „In einem denkmalgeschützten Gebäude von 1928 erwartet Sie eine nicht alltägliche, ambitionierte Küche, die modern, durchdacht und mit klarem italienischem Einfluss daherkommt. Hier wird Nachhaltigkeit gelebt, nahezu alle Produkte sind biozertifiziert“, schreibt etwa der renommierte Guide Michelin, der dem erasmus einen Grünen Michelin-Stern (Gastronomie und Nachhaltigkeit) verliehen hat. 15 Punkte gibt der Reiseführer für Genießer Gault Millau. Und der Schlemmer Atlas lobt: „Andrea und Marcello Gallotti führen ihr italienisches Gourmetlokal mit Herz und Verstand. Die Bioqualität der Produkte, eine gekonnte Verarbeitung und eine exklusive Zubereitung sind für sie feste Grundsätze.“
Nun haben es Andrea und Marcello Gallotti mit ihrer Bewerbung beim Metro Preis für nachhaltige Gastronomie in die Endrunde geschafft. „Vielfältige kreative grüne Konzepte haben uns erreicht, die zeigen, dass Nachhaltigkeit in der Gastronomie keine Worthülse, sondern eine essenzielle Zutat ist. Die neunköpfige Jury des Preises hatte es bei der Auswahl der Finalisten nicht leicht - doch es können nur drei ins Finale einziehen“, teilt der Lebensmittel-Großhändler mit. Und nur einer kann gewinnen. Die Bäuerlichen drücken ihren Partnern Andrea und Marcello Gallotti die Daumen – und voten für sie!
Hier geht’s zur Abstimmung (bis 19. November):
www.metro.de/nachhaltigkeit/nachhaltige-gastronomie
Hier geht’s zur erasmus-Webseite:
www.erasmus-karlsruhe.de
Niederwinden, ein kleines Dorf zwischen Kirchberg/Jagst und Rot am See. In dieser bäuerlichen Welt ist noch was los. „Wir sind zehn aktive Landwirte“, sagt Philipp Fetzer. Er ist einer von ihnen. Seit Mitte dieses Jahres hat der 28-Jährige auf dem Hof das Sagen.
Über der Eingangstüre des frisch verputzten Bauernhauses hängt eine Tafel: „1884 Michael & Katharina Fetzer, 2021 Philipp & Annika Fetzer“ ist eingraviert. „Wir wissen nicht genau, wie alt das Haus wirklich ist“, erzählt Philipp Fetzer, „1884 wurde auf jeden Fall schon mal gründlich renoviert.“ Wenn alles fertig ist, wird das junge Paar den ersten und zweiten Stock beziehen, die Eltern Margit und Dieter Fetzer bewohnen das Erdgeschoss. Die Gravur ist im Übrigen ein Vorgriff auf das kommende Frühjahr: Im April wollen Annika und Philipp und heiraten.
Kennengelernt haben sich die beiden vor zehn Jahren auf dem elterlichen Hof von Annika Herrschner. „Philipp war unser Stift“, erzählt die zierliche Frau, der man gar nicht ansieht, wie tüchtig sie anpacken kann. „Ich helfe so viel wie möglich mit“, sagt die Betriebswirtin, die bei einem Agrar-Reisebüro beschäftigt ist, „und Samstag ist Schafftag.“ Obwohl Vater Dieter und Mutter Margit nach wie vor mitarbeiten, ist auf dem Fetzerschen Hof jede Arbeitskraft willkommen.
Vor kurzem ist Philipp Fetzer in die Herdbuchzucht der Schwäbisch-Hällischen eingestiegen. Rund die Hälfte seiner 90 Muttersauen gehört damit zur Spitzenklasse der Rasse und bilden die genetische Basis für die kommenden Generationen. Unterstützt wird der frisch gebackene Herdbuchzüchter von Martin Schneider, der im Landwirtschaftlichen Beratungsdienst arbeitet und die Sauen selektiert (https://haellisch.eu/hohenloher-leben/serie-qualitaet-hat-ihren-preis-6-die-zuchtwahl/).
Diejenigen, die nicht auf dem Hof bleiben, werden als Jungsauen an Betriebe der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall geliefert. Rund 700 Schwäbisch-Hällische Ferkel mästen die Fetzers selbst. Das Paar führt an den Ortsrand, wo sich der 90 Meter lange Stall für Ferkelaufzucht und Mast befindet. Auf der einen Seite befinden sich die Buchten für die Vormast, auf der anderen die für die Endmast. Im Strohlager in der Mitte steht ein großer Edelstahltrichter. „Das ist unser ganzer Stolz, unsere Einstreuanlage“, sagt Annika. „Mit der Initiative Tierwohl entwickelt sich auch der Markt“, sagt Philipp.
Dank viel Eigenleistung und staatlicher Förderung konnten sie die Kosten für diese Arbeitserleichterung auf ein vertretbares Maß senken. „Früher hat Mama eingestreut“, sagt Philipp, „jetzt muss sie nur noch die Heukörbe bestücken.“ Das natürliche Material dient zur Beschäftigung der Ferkel und Jungtiere. Die Pläne gehen weiter: Der Abferkelstall soll optimiert werden, um die Arbeit effizienter zu machen. Annika sagt: „Wir wollen ein Familienbetrieb bleiben, der ohne Fremdkräfte auskommt.“
Von der alten Landrasse Schwäbisch-Hällischen sind beide überzeugt. „Sie sind nur manchmal ein bisschen stur“, schränkt Philipp ein. Diesen Charakterzug stellt im Stall nebenan ein noch namenloser Jungeber unter Beweis. „Wir müssen einen Namen für ihn finden, der mit V beginnt“ – den Anfangsbuchstaben des Namens beziehen Eber immer vom Vater. Philipp klettert unter die Abdeckung, um das Tier heraus zu scheuchen. „Er hat tolle Tageszunahmen, rund 600 Gramm von Anfang an“, schwärmt der junge Züchter.
Köstliches aus Hohenlohe: In unserem Blog stellen wir einmal im Monat Gerichte mit den besten Erzeugnissen unserer Bauern in den Mittelpunkt. Heute: Teigtäschle mit geschmortem Bäckle vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein und Hohenloher Linsen.
„Die Bäckle gehören für mich zum Besten vom Schwäbisch-Hällischen“, sagt unser Chefkoch Maximilian Korschinsky. Früher kamen die Schweinebacken in der Wurst, heute zaubern Köche mit ihnen ganz besondere Gerichte. Als Mitglied der Vereinigung Slow Food Chef Alliance ist Korschinsky die Verwertung des ganzen Tiers „vom Rüssel bis zum Schwänzle“ besonders wichtig. Schließlich hat das Schwein nicht nur Filets zu bieten.
Zudem achtet Korschinsky der Slow-Food-Philosophie folgend auf die regionale Herkunft der Produkte. Zu den Schwäbisch-Hällischen Bäckle serviert er Hohenloher Linsen etwa von Anton Scheidel aus Wachbach bei Bad Mergentheim, der auf den eher kargen Flächen im Tauberfränkischen die eiweißhaltigen Hülsenfrüchte anbaut. „Das Rezept kostet zwar etwas Zeit, aber der Aufwand lohnt sich“, verspricht der Chefkoch.
Hausgemachte Teigtäschle mit geschmorten Bäckle vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein, Hohenloher Linsen und Geifertshofener Pfefferkäse
Zutaten (für 6 Personen)
Für Teigtäschle
Für Bäckle, Sauce & Füllung
Für die Linsen
Für die Dekoration
Zubereitung
Wir wünschen guten Appetit! Die nächste Folge unserer „Heimatküche“ erscheint übrigens am 23. November – verpassen Sie das Rezept nicht.
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